Im Unterricht wird Politik gemacht

An der Marienschule Opladen handelten 30 Schülerinnen und Schüler im Planspiel die Kriterien für den EU-Beitritt der Türkei aus. Besonders im Fokus: Wirtschaftspolitik und die Anerkennung von Zypern.

Leverkusen-Opladen, 17. November 2016 – „Mit Hilfe der Rollenkarte konnte ich mich gut in das Planspiel einfinden. Als Minister von Zypern hatte ich eine klare Front, daher war es einfach zu spielen. Es hat Spaß gemacht, da alle die Situation in meinem Land debattieren mussten“, erklärt Emanuel, Schüler der Marienschule Opladen und für zwei Tage der Minister von Zypern im Allgemeinen Rat. Am 16. und 17. November durfte er mit seinen Mitschülerinnen und Mitschülern in die Rollen der politischen Akteure der Europäischen Union und des Türkischen Parlaments schlüpfen. Als Mitglieder der Europäischen Kommission, des Allgemeinen Rats, des Türkischen Parlaments oder als Interessen- und PressevertreterInnen gestalteten die Teilnehmenden in Eigenregie die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU. Alle waren mit Elan bei der Sache und spürten, wie schwierig es sein kann, die unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen der politischen Lager in einem Kompromiss zu vereinen.

Möglich gemacht wurde das Planspiel vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. „Bei der Simulation erfahren die jungen Leute hautnah, wie schwierig es ist, im demokratischen System für die eigene Meinung in Debatten einzutreten und Kompromisse auszuhandeln“, berichtet Enno Litzkendorf vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. „Wir möchten Jugendliche für Politik interessieren und ihre Bereitschaft sich einzubringen stärken. Der spielerische Ansatz der Politikvermittlung kommt bei Jugendlichen sehr gut an. Denn gerade bei einem so komplexen Thema werden in einem Planspiel die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Europäische Union und die Zusammenarbeit in Europa schnell deutlich.“

Schüler machen im Planspiel eigenständig Politik

„Als Vorsitzender musste ich ständig aufpassen, was in den Debatten gesagt wurde, sonst hat man leicht den Anschluss verloren. Die Moderation und Lenkung der Debatte hat mir aber gut gefallen. Vor allem die Geschäftsordnung war eine große Hilfe, weil man so wusste, was als nächstes zu tun ist“, so David, Abgeordneter im Türkischen Parlament. Gemeinsam diskutierten sie hitzig die verschiedenen Positionen zum Beitritt der Türkei zur EU. Schwerpunkt der Abschlussdebatte war vor allem das Kapitel zu Wirtschaft- und Währungspolitik sowie der Zypernkonflikt. Allen Beteiligten war die Umsetzung der von der EU-Kommission erarbeiteten Roadmap besonders wichtig. Sowohl die EU als auch die Türkei sollten vom EU-Beitritt des Landes profitieren.

Bei den Nachverhandlungen zeigte sich aber, dass die Einigung in der Zypernfrage noch viel Zeit beanspruchen wird. Im Bereich Bildung und Kultur einigten sich beide Seiten auf eine Festlegung der Schulpflicht bis 16 Jahre sowie regionaler Lehrpläne, um der Diversität der türkischen Bevölkerung gerecht zu werden. Allen Politikern war eine wirtschaftliche Förderung von türkischen Firmen wichtig, außerdem wurde in Kapitel 2 die Frist verlängert. Jedoch konnte kein Kompromiss bei der Lösung der Zypernfrage gefunden werden. Diskutiert wurde der Abzug des türkischen Militärs und ein Beitrittsreferendum auf dem Nordteil der Insel, ohne dass sich die Abgeordneten und Minister auf eine bindende Frist einigen konnten. Beiden Kammern waren die Stärkung des Rechtsstaates und die Gewährung von Freiheitsrechten wichtig, ebenso wurde die Frist im Kapitel 4 verkürzt. Auch bei den Themen Sozial- und Beschäftigungspolitik sowie Außenpolitik fanden das Türkische Parlament und der Allgemeinen Rat zufriedenstellende Kompromisse ohne Verlierer. Jedoch gab es Uneinigkeit, welche Konsequenzen eine Nichteinhaltung der Richtlinie zur Folge haben würde.
Bei der Schlussabstimmung über die einzelnen Kapitel zeigte sich, dass beide Seiten mit dem Zypern-Kompromiss nicht zufrieden waren und lehnten das Kapitel ab. Auch wegen des Einflusses der Interessenvertreter lehnten das Türkische Parlament die Nichteinhaltungskonsequenzen und der Allgemeine Rat das Kapitel Justiz und Grundrechte der Roadmap ab, daher sind Nachverhandlungen notwendig.

Die Methode Planspiele vermittelt Politik spielerisch

Das Planspiel half den Schülerinnen und Schülern beim Verständnis politischer Diskussionen und Prozesse, wie Felix, Abgeordneter im Türkischen Parlament, schildert: „Am anstrengendsten und am schönsten waren eigentlich die Debatten. Man hat gemerkt, dass es einfacher ist in kleineren Runden zu diskutieren, da weniger Leute mitreden. Gut fand ich auch, dass man über die Rollenkarten hinaus auch sein eigenes Wissen miteinbringen konnte“.

Die politische Jugendbildung von Valentum Planspiele findet vor allem durch Simulation und Workshops statt. Realitätsnah und spielerisch vermitteln wir die Funktionsweise von politischen Prozessen und Systemen, den europäischen Gemeinschaftsgedanken und Werte wie Toleranz, Konflikt- und Kompromissfähigkeit sowie Argumentations- und Diskussionsfähigkeit. Thematisch orientieren wir uns am politischen Zeitgeist. Damit versuchen wir, unserem eigenen Bildungsauftrag gerecht zu werden.

Kontakt für Rückfragen
Johannes Bodensteiner
Valentum Kommunikation GmbH
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johannes.bodensteiner[at]valentum.de

Enno Litzkendorf
Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn
Forum Jugend und Politik
Godesberger Allee 149
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Tel: 0228-8837110
enno.litzkendorf[at]fes.de
Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.fes.de/forumjugend

Über Valentum Planspiele
Valentum Planspiele gibt es seit 2010 und ist eine Tochter von Valentum Kommunikation. Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Umsetzung von politischen Jugendbildungsformaten wie Planspielen. Planspiele vermitteln im spielerischen Kontext Wissen über demokratische Strukturen, politische Akteure und Verhandlungsmechanismen im Rahmen der deutschen, europäischen oder internationalen Politik. Die Simulationen von Valentum Planspiele behandeln aktuelle Themengebiete der Politik. Diese werden im Bereich der politischen Jugendbildung für unterschiedliche Stiftungen, Organisationen und Institutionen deutschlandweit durchgeführt.