Würzburg beschließt im EU-Planspiel die Abschaffung von Dublin-III

Schülerinnen und Schüler aus ganz Unterfranken beschlossen im Ferienseminar die Neuregelung der Asylpolitik aufgrund der verfahrenen Situation in der Europäischen Union.

Würzburg, 4. August 2016 – „Man hört ja immer wieder, dass die EU nichts auf die Riehe kriegt und alles ewig dauert. Das Planspiel hat gezeigt wie komplex die EU-Gesetzgebung ist und wie schwierig es sein kann an passenden Formulierungen zu arbeiten, um eine Einigung zu erlangen. Es war ein langer anstrengender Tag, weil man bis zum Schluss konzentriert sein musste“, erklärte Nils, Schüler aus Unterfranken und für einen Tag als Innenminister von Griechenland im Ministerrat aktiv. Am 4. August durfte er zusammen mit 28 weiteren Schülerinnen und Schülern in die Rollen der politischen Akteure der Europäischen Union schlüpfen. Als Mitglieder der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments, des Ministerrats oder als Interessen- und PressevertreterInnen gestalteten die Teilnehmenden in Eigenregie die europäische Politik. Alle waren mit Elan bei der Sache und spürten, wie schwierig es sein kann, die unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen der politischen Lager in einem Kompromiss zu vereinen.

Möglich gemacht wurde das Planspiel von der Dienststelle des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Unterfranken. „Bei der Simulation erfahren die jungen Leute hautnah, wie schwierig es ist, im demokratischen System für die eigene Meinung in Debatten einzutreten und Kompromisse auszuhandeln“, berichtet Michael Hunger von der Dienststelle. „Wir möchten Jugendliche für Politik interessieren und ihre Bereitschaft sich einzubringen stärken. Der spielerische Ansatz der Politikvermittlung kommt bei Jugendlichen sehr gut an. Denn gerade bei einem so komplexen Thema werden in einem Planspiel die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Europäische Union und die Zusammenarbeit in Europa schnell deutlich.“

EU-Gesetzgebung wird im Planspiel nachvollziehbar

In der Gesetzesvorlage der Europäischen Kommission schlugen die Schülerinnen und Schüler aufgrund der Überlastung von einigen EU-Mitgliedsländer die Abschaffung Dublin-III-Regelung vor. Stattdessen soll eine europaweite Flüchtlingsquote eingeführt werden. Außerdem sollen nationale Unterbringungsstandards vereinheitlicht und die Integrationsförderung ausgebaut werden. Nachdem der Richtlinienvorschlag vorgestellt wurde, gingen die beiden Kammern in die Lesung des Vorschlags, um gemeinsam an Änderungsanträge zu arbeiten.

Bei den Verhandlungen über die formulierten Änderungsanträge zwischen dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament gab es zahlreiche Kompromisse zu schließen. Debattenschwerpunkte lagen vor allem auf den Artikeln 2 und 3 der Richtlinie. In diesen wurden die Integrationsbestimmungen und die Angleichung nationaler Verfahren sowie schärfere Kontrollen an den Außengrenzen festgelegt. Beiden Seiten war eine gerechte Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen in den EU-Ländern wichtig. Der Familiennachzug wird aber nur denjenigen gestattet, deren Asylantrag genehmigt wurde. In Artikel 2 wurde sich darauf geeinigt, dass Frontex stärkeren Kontrollen unterliegen soll. Darüber hinaus wurde der genaue Aufgabenbereich von Frontex festgelegt.

Neben den in Artikel 3 festgelegten Integrationsprogrammen einigten sich beide Kammern auf verpflichtende Integrationsprogramme in den Bereichen Bildung und Wirtschaft. Als weiterer Streitpunkt zeigte sich die Umsetzungsfrist. Nach einer intensiven Auseinandersetzung wurde sich darauf geeinigt, dass die Frist für den zweiten und dritten Artikel bereits auf Januar 2018 festgesetzt wird. Um die Konsequenzen der Nichteinhaltung eindeutiger zu bestimmen, soll ein Kontrollgremium eingesetzt werden, welches angemessene Sanktionen verhängen soll.

Die Schlussabstimmung über die einzelnen Artikel verlief im Ministerrat und im Europäischen Parlament positiv, sodass am Ende eine Neuregelung der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik feststand. Auch durch den Einfluss der Interessenvertreter erhielt jedes Kapitel die notwendigen Mehrheiten. Der Vereinigung Weißes Europa gelang es nicht, einen Artikel zu verhindern, während Pro Asyl die Abgeordnete der Konservativen und Reformisten überzeugen konnte, für Artikel 2 zu stimmen. Nachdem eine Mehrheit im Artikel 2 auf der Kippe stand, gelang es dem Interessenvertreter entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis zu erwirken.

Besonderes Lob gebührte an diesem Tag den Vorsitzenden und Vizevorsitzenden der Europäischen Institutionen. Sie hatten die Aufgabe, die Debatten anzuleiten und die verschiedenen Interessen in Einklang zu bringen. Ohne ihr Engagement wäre eine Einigung wohl nur schwer zustande gekommen. Doch auch alle anderen Spielerinnen und Spieler trugen zum Erfolg der Simulation bei. „Ich fand, dass ich mich mit den Materialien gut in die Rolle einfinden konnte. Darin habe ich bereits viele Argumente für meine Rolle gefunden. Das Planspiel war auch sehr realistisch angelegt und man hat sich teilweise wie ein richtiger Abgeordneter gefühlt“, so Klara, Abgeordnete in der Bürgerlichen Fraktion im Europäischen Parlament.

Im Planspiel wird die EU-Gesetzgebung und Politik spielerisch erlernt

Das Planspiel vermittelt den Schülerinnen und Schülern unterschiedliche Sichtweisen zu einem politischen Thema und trägt damit zu einer realitätsnahe Simulation bei, wie Jonas schildert: „Es war schwierig eine gegensätzliche Meinung als die Eigene zu vertreten. Manchmal fiel es mir schwer, die Argumente von Großbritannien vor den anderen zu vertreten. Aber ich finde, es war eine gute Erfahrung, dass man mal selbst etwas ganz anderes vertreten musste.“ Für einen Tag war er Innenministerin von Großbritannien.

Die politische Jugendbildung von Valentum Planspiele findet vor allem durch Simulationen und Workshops statt. Realitätsnah und spielerisch vermitteln wir die Funktionsweise von politischen Prozessen und Systemen, den europäischen Gemeinschaftsgedanken und Werte wie Toleranz, Konflikt- und Kompromissfähigkeit sowie Argumentations- und Diskussionsfähigkeit. Thematisch orientieren wir uns am politischen Zeitgeist. Damit versuchen wir, unserem eigenen Bildungsauftrag gerecht zu werden.

 

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Michael Hunger
Dienststelle des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Unterfranken
Am Pleidenturm 16
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mhunger[at]mbu-gym.de


Über Valentum Planspiele
Valentum Planspiele gibt es seit 2010 und ist eine Tochter von Valentum Kommunikation. Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Umsetzung von politischen Jugendbildungsformaten wie Planspielen. Planspiele vermitteln im spielerischen Kontext Wissen über demokratische Strukturen, politische Akteure und Verhandlungsmechanismen im Rahmen der deutschen, europäischen oder internationalen Politik. Die Simulationen von Valentum Planspiele behandeln aktuelle Themengebiete der Politik. Diese werden im Bereich der politischen Jugendbildung für unterschiedliche Stiftungen, Organisationen und Institutionen deutschlandweit durchgeführt.