Planspiel zur EU-Politik: Beitritt der Türkei in weiter Ferne

Im Planspiel zur EU-Erweiterung am Beispiel der Türkei verhandelten 47 Schülerinnen und Schüler der Liebfrauenschule Köln die Beitrittsbedingungen.

Köln, 15. November 2016 – „Planspiele kenne ich in kleinerem Rahmen aus dem Unterricht, da haben wir aber bis jetzt nur einzelne Themen diskutiert. Besonders gut fand ich den gesamten Ablauf mit Pressekonferenz und einer Abschlussdebatte mit Abstimmung am Schluss. Man hat sich wie eine Politikerin gefühlt“, erklärt Alicia, Schülerin der Liebfrauenschule Köln und für zwei Tage Abgeordnete des Türkischen Parlaments. Am 14. und 15. November durfte sie mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern in die Rollen der politischen Akteure der Europäischen Union und des Türkischen Parlaments schlüpfen. Als Mitglieder der Europäischen Kommission, des Allgemeinen Rats, des Türkischen Parlaments oder als Interessen- und PressevertreterInnen gestalteten die Teilnehmenden in Eigenregie die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU. Alle waren mit Elan bei der Sache und spürten, wie schwierig es sein kann, die unterschiedlichen Meinungen und Vorstellungen der politischen Lager in einem Kompromiss zu vereinen.

Möglich gemacht wurde das Planspiel vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. „Bei der Simulation erfahren die jungen Leute hautnah, wie schwierig es ist, im demokratischen System für die eigene Meinung in Debatten einzutreten und Kompromisse auszuhandeln“, berichtet Enno Litzkendorf vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. „Wir möchten Jugendliche für Politik interessieren und ihre Bereitschaft sich einzubringen stärken. Der spielerische Ansatz der Politikvermittlung kommt bei Jugendlichen sehr gut an. Denn gerade bei einem so komplexen Thema werden in einem Planspiel die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Europäische Union und die Zusammenarbeit in Europa schnell deutlich.“

Planspiele ergänzen den Unterricht

„Die beiden Debatten waren besonders als Vorsitzender total anstrengend. Oft wurde dazwischen geredet, sodass wir zwischen den Themen hin und her gesprungen sind und es teilweise zu Missverständnissen kam. Aber wir haben im Rat trotzdem gute Kompromisse gefunden, jedoch war das nicht selbstverständlich, da die Länder teilweise gegensätzliche Positionen vertraten“, so Tim, zweiter Vorsitzender im Allgemeinen Rat. Gemeinsam diskutierten sie hitzig die verschiedenen Positionen zum Beitritt der Türkei zur EU. Schwerpunkt der Abschlussdebatte war vor allem das Kapitel zu Bildung und Kultur sowie der Zypernkonflikt. Allen Beteiligten war die Umsetzung der von der EU-Kommission erarbeiteten Roadmap besonders wichtig. Sowohl die EU als auch die Türkei sollten vom EU-Beitritt des Landes profitieren.

Allerdings konnten nicht in allen Kapiteln mehrheits-fähige Kompromisse gefunden werden. Im Bereich Bildung und Kultur einigten sich beide Seiten auf eine Erhöhung des Bildungsniveaus in der Türkei bis 2020. Die Forderung der EU, die Maastrichter Konvergenzkriterien im Jahr 2022 einhalten zu können, resultierte in einer Blockadehaltung des Türkischen Parlaments. Ebenso konnte kein Kompromiss bei der Lösung der Zypernfrage gefunden werden. Jedoch machte die Türkei gegenüber der EU große Zugeständnisse bei den Themen Meinungs- und Pressefreiheit sowie Unabhängigkeit der Justiz. Bereits im Jahr 2017 sollen jegliche Einflussversuche des Staates unterlassen werden. Darüber hinaus einigten sich beide Seiten auf das Ziel, die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Bei der Schlussabstimmung über die einzelnen Kapitel zeigte sich, dass die Debatte über Kapitel 2 und 3 kein mehrheitsfähiges Ergebnis hervorbringen konnte. Auch wegen des Einflusses der Interessenvertreter lehnte das türkische Parlament die Kapitel 2 und 3  der Roadmap ab, daher sind Nachverhandlungen notwendig.

Politik gestalten lernen mit Planspielen

Das Planspiel half den Schülerinnen und Schülern beim Verständnis politischer Diskussionen und Prozesse, wie Celina, Ministerin im Allgemeinen Rat, schildert: „Ich finde man hat im Planspiel deutlich gesehen, dass viele verschiedene Meinungen in politischen Entscheidungen einfließen und eine Einigung nicht leicht ist. Ich kann mir vorstellen, dass das in der Realität noch viel krasser ist“.

Die politische Jugendbildung von Valentum Planspiele findet vor allem durch Simulation und Workshops statt. Realitätsnah und spielerisch vermitteln wir die Funktionsweise von politischen Prozessen und Systemen, den europäischen Gemeinschaftsgedanken und Werte wie Toleranz, Konflikt- und Kompromissfähigkeit sowie Argumentations- und Diskussionsfähigkeit. Thematisch orientieren wir uns am politischen Zeitgeist. Damit versuchen wir, unserem eigenen Bildungsauftrag gerecht zu werden.

Kontakt für Rückfragen
Johannes Bodensteiner
Valentum Kommunikation GmbH
Bischof-von-Henle-Straße 2b
93051 Regensburg
Tel: 0941-6964633
johannes.bodensteiner[at]valentum.de

Enno Litzkendorf
Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn
Forum Jugend und Politik
Godesberger Allee 149
53175 Bonn
Tel: 0228-8837110
enno.litzkendorf[at]fes.de
Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.fes.de/forumjugend

Über Valentum Planspiele

Valentum Planspiele gibt es seit 2010 und ist eine Tochter von Valentum Kommunikation. Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Umsetzung von politischen Jugendbildungsformaten wie Planspielen. Planspiele vermitteln im spielerischen Kontext Wissen über demokratische Strukturen, politische Akteure und Verhandlungsmechanismen im Rahmen der deutschen, europäischen oder internationalen Politik. Die Simulationen von Valentum Planspiele behandeln aktuelle Themengebiete der Politik. Diese werden im Bereich der politischen Jugendbildung für unterschiedliche Stiftungen, Organisationen und Institutionen deutschlandweit durchgeführt.