Lobbyarbeit im Schulunterricht! Planspiel zur EU-Gesetzgebung in Windeck-Herchen

An der Realschule Herchen verhandelten 38 Schülerinnen und Schüler bei einer Politiksimulation im Rahmen des Sozialkundeunterrichts eine EU-Richtlinie zur Asyl- und Flüchtlingspolitik.

Herchen, 8.6.2016 – „Ich hatte vorher keine genauen Erwartungen. Im Unterricht haben wir zwar schon Planspiele gespielt, die waren aber ganz anders. Gut fand ich, dass man so viel Zeit hatte, um sich in seine Rolle reinzuversetzen und diese zu spielen“, erklärte Tobias, Schüler der Realschule Herchen und Vertreter der Lobbygruppe Pro Asyl. Zwei Tage lang setzte er sich im Europäischen Parlament und im Ministerrat der EU für eine europäische Asylpolitik mit besonderem Fokus auf Einhaltung der Menschenrechte ein. Dass die Lobbygruppen im Planspiel eine wichtige Rolle spielen, bewiesen er und die weiteren Lobbyisten bei der Abschlussabstimmung. In der Politiksimulation im Unterricht stand die Neuregelung der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt.

Möglich gemacht wurde das Planspiel vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. „Bei der Simulation erfahren die jungen Leute hautnah, wie schwierig es ist, im demokratischen System für die eigene Meinung in Debatten einzutreten und Kompromisse auszuhandeln“, berichtet Enno Litzkendorf vom Forum Jugend und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. „Wir möchten Jugendliche für Politik interessieren und ihre Bereitschaft sich einzubringen stärken. Der spielerische Ansatz der Politikvermittlung kommt bei Jugendlichen sehr gut an. Denn gerade bei einem so komplexen Thema werden in einem Planspiel die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Europäische Union und die Zusammenarbeit in Europa schnell deutlich.“

Politische Jugendbildung im Planspiel

„Durch das Planspiel habe ich viel über demokratische Prozesse gelernt und verstanden wie Politik funktioniert. Bei den Nachverhandlungen mussten wir einzelne Kapitel immer wieder diskutieren, bevor alle Meinungen gehört waren und darüber abgestimmt werden konnte. Jetzt verstehe ich auch, warum manche Entscheidungen in der Politik so lange dauern“, so Claudio, der für zwei Tage Vorsitzender der Europäischen Kommission war. Gemeinsam mit seinen 37 Mitschülerinnen und Mitschülern nahm er die Neuregelung der gegenwärtigen Asyl- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Union in die Hand.

Zur Entlastung wirtschaftsschwacher Länder aus Südeuropa soll das Relocation-Programm der EU-Kommission umgesetzt werden. Nachdem diese Länder unverhältnismäßig viele Flüchtlinge aufnehmen mussten, werden die Geflohenen in wirtschaftsstarke Länder umgesiedelt. Die Wirtschaftskraft soll wie folgt berechnet werden: Ein EU-Mitglied, dessen BIP unter 50% der durchschnittlichen Wirtschaftsleistung liegt, gilt als wirtschaftsschwaches Land. Da die Unterbringung von Flüchtlingen in wirtschaftsschwachen Ländern teilweise katastrophale Zustände angenommen hat, sollen diese Länder künftig verstärkt auf Einhaltung der Menschenrechte kontrolliert werden. Ziel ist es, die Versorgung der Flüchtlinge in allen EU-Ländern auf ein einheitliches Niveau (Medizinische Versorgung, Unterbringung) zu bringen.

Bei der Schlussabstimmung zeigte sich jedoch die Einflusskraft der Lobbygruppen. Bei der Abstimmung über Artikel 2 beeinflussten sie die Bürgerliche und die Konservative Fraktion im Europäischen Parlament, so dass der zuvor gefundene Kompromiss letztlich abgelehnt wurde. Alle anderen Artikel wurden von beiden Kammern angenommen. Demnach konnte die Richtlinie nicht erfolgreich verabschiedet werden und es sind Nachverhandlungen bei Artikel 2 nötig.

Im Planspiel wird die EU-Gesetzgebung spielerisch erlernt

Ziel des Planspiels war es, ein besseres Verständnis für politische Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene unter Einbezug von verschiedenen Standpunkten und Ansichten zu vermitteln. Außerdem stand die Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht und Asyl im Vordergrund. „Am Anfang des ersten Tages war es für mich eher schwierig, weil die Rolle nicht mit meinen persönlichen Ansichten übereinstimmt. Als ich mich besser damit zurecht gefunden habe, hat mir das Planspiel aber viel Spaß bereitet“, lautete das Fazit von Julia. Sie wurde für das Planspiel zur Vorsitzenden des Ministerrats gewählt und war damit für die Moderation im Plenum zuständig.

Die politische Jugendbildung von Valentum Planspiele findet vor allem durch Simulation und Workshops statt. Realitätsnah und spielerisch vermitteln wir die Funktionsweise von politischen Prozessen und Systemen, den europäischen Gemeinschaftsgedanken und Werte wie Toleranz, Konflikt- und Kompromissfähigkeit sowie Argumentations- und Diskussionsfähigkeit. Thematisch orientieren wir uns am politischen Zeitgeist. Damit versuchen wir, unserem eigenen Bildungsauftrag gerecht zu werden.

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Enno Litzkendorf
Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn
Forum Jugend und Politik
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Tel: 0228-8837110
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Weitere Informationen finden Sie auf der Website www.fes.de/forumjugend

Über Valentum Planspiele
Valentum Planspiele gibt es seit 2010 und ist eine Tochter von Valentum Kommunikation. Der Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Umsetzung von politischen Jugendbildungsformaten wie Planspielen. Planspiele vermitteln im spielerischen Kontext Wissen über demokratische Strukturen, politische Akteure und Verhandlungsmechanismen im Rahmen der deutschen, europäischen oder internationalen Politik. Die Simulationen von Valentum Planspiele behandeln aktuelle Themengebiete der Politik. Diese werden im Bereich der politischen Jugendbildung für unterschiedliche Stiftungen, Organisationen und Institutionen deutschlandweit durchgeführt.